Test – Erzähltextanalyse (Zeit)

Bei diesem Test sollen insgesamt 5 Multiple Choice-Fragen aus dem Bereich »Erzähltextanalyse (Zeit)« innerhalb von 7 Min. 0 Sek. beantwortet werden. Es wird empfohlen, zuerst den LiGo-Kurs zum entsprechenden Bereich zu absolvieren, bevor Sie Ihr Wissen testen. Sobald Sie auf den untenstehenden Button klicken, werden die Übungen angezeigt und der Countdown gestartet.
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Frage 1 von 5

Fragestellung:
Hat man es in diesem Bewusstseinsbericht Wilhelms mit einer Anachronie zu tun und wenn ja mit welcher Form?
Textbeispiel:
So groß war seine Leidenschaft, so rein seine Überzeugung, er handle vollkommen recht, sich dem Drucke seines bisherigen Lebens zu entziehen und einer neuen, edlern Bahn zu folgen, daß sein Gewissen sich nicht im mindesten regte, keine Sorge in ihm entstand, ja daß er vielmehr diesen Betrug für heilig hielt. Er war gewiß, daß ihn Eltern und Verwandte in der Folge für diesen Schritt preisen und segnen sollten, er erkannte den Wink eines leitenden Schicksals an diesen zusammentreffenden Umständen.
Johann Wolfgang von Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre (1, 11)
Eine Analepse liegt nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Erzählgegenwart bereits Vergangenes berichtet wird.Hier wird lediglich berichtet, was Wilhelm sich für die Zukunft ausmalt. An der konjunktivischen Verbform „sollten“ kann man erkennen, dass es sich um Wunschvorstellungen handelt.Hier werden keine bereits vergangenen oder zum Zeitpunkt der Erzählgegenwart noch zukünftigen Ereignisse erzählt, sondern nur die Reflexionen aus der Perspektive einer Figur wieder gegeben. Daran dass hier nicht „werden“ steht kann man erkennen, dass es sich nicht um eine Prolepse handelt, auch wenn man die weitere Handlung nicht kennt.

Frage 2 von 5

Fragestellung:
Hat man es in der folgenden Textpassage mit szenischem Erzählen zu tun?
Textbeispiel:
„Gruber“, sagt Jerome und neigt sich zu dem Kameraden, der sich immer tiefer in die Nische zurücklehnt, „es war schon wieder an dir, zu klettern, auf dem Strick, geh mal, versuchs, sonst macht dir der Jastersky irgend eine Geschichte, weißt du…“ Gruber nickt. Aber statt aufzustehen, schließt er plötzlich die Augen und gleitet unter den Worten Jeromes durch, als ob eine Welle ihn trüge, fort, gleitet langsam und lautlos tiefer, tiefer, gleitet vom Sitz, und Jerome weiß erst, was geschieht, als er hört, wie der Kopf Grubers hart an das Holz des Sitzes prallt und dann vornüber fällt.
Rainer Maria Rilke: Die Turnstunde
Auch im beschreibenden Abschnitt nimmt der Discours nicht mehr Zeit ein, als Gruber braucht, um von der Bank zu gleiten. Die Ereignisse werden hier nicht zusammenfassend berichtet, es gibt keinen Hinweis darauf, dass Teile ausgelassen wurden. Das Gespräch und der sich anschließende Vorgang werden im Detail wiedergegeben.In der Erzählung werden die Worte Jeromes und die Ohnmacht Grubers 1:1 wiedergegeben.

Frage 3 von 5

Fragestellung:
Wie ist das Erzähltempo in der folgenden Passage?
Textbeispiel:
Meine Sanftmut und mein gutes Betragen hatten den Kaiser und seinen Hof sowie auch Heer und Volk im allgemeinen so sehr gewonnen, daß ich anfing, die Hoffnung zu hegen, ich würde in kurzem meine Freiheit erhalten: Ich gab mir alle mögliche Mühe, diese günstige Stimmung zu erhalten. Die Eingebornen fürchteten allmählich weniger Gefahr; bisweilen legte ich mich nieder und ließ fünf oder sechs auf meinen Kopf; Knaben und Mädchen wagten zuletzt, Verstecken in meinem Haare zu spielen. Auch hatte ich schon ziemliche Fortschritte im Verständnis der Landessprache gemacht.
Jonathan Swift: Gullivers Travel (Beginn des 3. Kapitels)
Es gibt kein Anzeichen dafür, dass Handlung übersprungen wird.Da viele Ereignisse nur zusammenfassend berichtet werden, hat man es nicht mit zeitdeckendem, szenischen Erzählen zu tun.Die Ereignisse werden in wesentlich kürzerer Zeit erzählt als sie brauchen, um sich zu ereignen. Sie werden stark zusammenfassend erzählt - es liegt also raffendes Erzählen vor. Unterstützt wird der Raffungs-Effekt im Übrigen durch das iterative Erzählen.

Frage 4 von 5

Fragestellung:
In dieser Eingangspassage aus Jean Pauls Selberlebensbeschreibung (=Autobiographie) erzählt der „Professor der Geschichte von sich“ vom Tag seiner Geburt.
Textbeispiel:
Es war im Jahr 1763, wo der Hubertsburger Friede zur Welt kam und gegenwärtiger Professor der Geschichte von sich; - und zwar in dem Monate, wo ihm noch die gelbe und graue Bachstelze, das Rotkehlchen, der Kranich, der Rohrammer und mehrere Schnepfen und Sumpfvögel anlangten, nämlich im März; - und zwar an dem Monattage, wo, falls Blüten auf seine Wiege zu streuen waren, gerade dazu das Scharbock- oder Löffelkraut und die Zitterpappel in Blüte traten, desgleichen der Ackerehrenpreis oder Hühnerbißdarm, nämlich am 21ten März; - und zwar in der frühesten frischesten Tageszeit, nämlich am Morgen um 1 1/2 Uhr; was aber alles krönt, war, daß der Anfang seines Lebens zugleich der des damaligen Lenzes war.
Jean Paul: Selberlebensbeschreibung (Beginn)
Sicher, das eigentliche Ereignis dieser Erzählpassage, die Geburt des Erzählers und Autobiographen Jean Paul am 21. März 1763, fand natürlich nur einmal statt - und wird hier auch nur einmal erzählt. Ein Witz dieser Passage liegt aber wohl darin, dass der Erzähler seine Geburt mit dem beginnendem Frühling korreliert, sodass die verschiedenen Naturereignisse, die in den März bzw. genauer: die auf den 21. März fallen, ebenfalls genau einmal erzählt werden, aber - wie jeder Leser weiß - jedes Jahr von Neuem stattfinden, also iterativ erzählt werden.Sicher, das eigentliche Ereignis dieser Erzählpassage, die Geburt des Erzählers und Autobiographen Jean Paul am 21. März 1763, fand natürlich nur einmal statt - und wird hier auch nur einmal erzählt. Ein Witz dieser Passage liegt aber wohl darin, dass der Erzähler seine Geburt mit dem beginnendem Frühling korreliert, so dass die verschiedenen Naturereignisse, die in den März bzw. genauer: die auf den 21. März fallen, ebenfalls genau einmal erzählt werden, aber - wie jeder Leser weiß - jedes Jahr von Neuem stattfinden, also iterativ erzählt werden.

Frage 5 von 5

Fragestellung:
In diesem kurzen Textabschnitt aus Jean Pauls Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz im Auenthal wird über die Kinderspiele der Titelfigur berichtet. Zu fragen wäre allerdings, ob hier
Textbeispiel:
Schon in der Kindheit war er [Wutz] ein wenig kindisch. Denn es gibt zweierlei Kinderspiele, kindische und ernsthafte - die ernsthaften sind Nachahmungen der Erwachsenen, das Kaufmann-, Soldaten-, Handwerker-Spielen - die kindischen sind Nachäffungen der Tiere. Wutz war beim Spielen nie etwas anderes als ein Hase, eine Turteltaube oder das Junge derselben, ein Bär, ein Pferd oder gar der Wagen daran. Glaubt mir! ein Seraph findet auch in unsern Kollegien und Hörsälen keine Geschäfte, sondern nur Spiele und, wenn ers hoch treibt, jene zweierlei Spiele.
Jean Paul: Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz im Auenthal (3. Abschnitt)
Hier wird offensichtlich stark iterativ erzählt, da Wutz seine gesamte Kindheit über spielt - und später auch noch - , aber nur in dieser kurzen Passage einmalig davon erzählt wird. Von keinem der Kinderspiele Wutzens erfahren wir Genaueres, eimmalig Geschehens. Im Gegenteil: Der Erzähler selbst unterscheidet in einer kurzen Reflexion ganz abstrakt zwei Typen von Kinderspielen und ordnet dann Wutzens Spiele dem einen Typ zu. Dafür gibt er allerdings einige Beispiele, indem er die Tiere auflistet, in die sich der junge Wutz in seinen Spielen verwandelt. Es geht nicht um ein bestimmtes Spiel, sondern um zwei abstrakt Typen von Kinderspielen, denen der Erzähler dann Wutzens Spiele zuordnet. Dafür gibt er allerdings einige Beispiele, indem er die Tiere auflistet, in die sich der junge Wutz in seinen Spielen verwandelt. Wie genau diese Spiele - oder eines davon - aussehen, lässt der Erzähler-Discours aber offen, er stellt keines davon exemplarisch-konkret dar und gibt nur einen summarischen Überblick.

Hinweis