Test – Erzähltextanalyse (Stimme)

Bei diesem Test sollen insgesamt 7 Multiple Choice-Fragen aus dem Bereich »Erzähltextanalyse (Stimme)« innerhalb von 10 Min. 0 Sek. beantwortet werden. Es wird empfohlen, zuerst den LiGo-Kurs zum entsprechenden Bereich zu absolvieren, bevor Sie Ihr Wissen testen. Sobald Sie auf den untenstehenden Button klicken, werden die Übungen angezeigt und der Countdown gestartet.
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Frage 1 von 7

Fragestellung:
Dies ist die Eingangspassage aus George Orwells berühmtem Roman Nineteen Eighty-Four aus dem Jahre 1949, dessen Geschehen dem Titel nach im Jahre 1984 anzusiedeln ist, also - aus der Sicht des Autors und des ursprünglichen Lesepublikums - in einer fernen Zukunft. Was liegt hier vor?
Textbeispiel:
It was a bright cold day in April, and the clocks were striking thirteen. Winston Smith, his chin nuzzled into his breast in an effort to escape the vile wind, slipped quickly through the glass doors of Victory Mansions, though not quickly enough to prevent a swirl of gritty dust from entering along with him.
George Orwell: Nineteen Eighty-Four
Natürlich ist das erzählte fiktive Geschehen, betrachtet aus dem (realen) Jahr 1949, in der Zukunft anzusiedeln. Dieses Zeitverhältnis ist hier jedoch ohne Belang. Es kommt bei der Frage nach dem Erzählzeitpunkt einzig und allein auf das zeitliche Verhältnis an, das innerhalb der Fiktion das Erzählen und das Erzählte zueinander einnehmen. Dieses ist hier - markiert durch das Präteritum - eindeutig das des späteren Erzählens, der (fiktive) Erzähler erzählt also irgendwann nach dem erzählten Geschehen im Jahr 1984. Natürlich ist das erzählte fiktive Geschehen, betrachtet aus dem (realen) Jahr 1949, in der Zukunft anzusiedeln. Dieses Zeitverhältnis ist hier jedoch ohne Belang. Es kommt bei der Frage nach dem Erzählzeitpunkt einzig und allein auf das zeitliche Verhältnis an, das innerhalb der Fiktion das Erzählen und das Erzählte zueinander einnehmen. Dieses ist hier - markiert durch das Präteritum - eindeutig das des späteren Erzählens, der (fiktive) Erzähler erzählt also irgendwann nach dem erzählten Geschehen im Jahr 1984.

Frage 2 von 7

Fragestellung:
Diese kurze Textpassage stammt aus Raymond Chandlers Kriminalerzählung The Big Sleep. Der ich-erzählende ‚Schnüffler’ ist im Laufe seiner Ermittlungen in eine fremde Wohnung eingedrungen, in der ‚etwas nicht stimmt’. Er weiß nur noch nicht, was.Liegt hier also
Textbeispiel:
Something was wrong. Something on the air, a scent. The shades were down at the windows and the street light leaking in at the sides made a dim light in the room. I stood still and listened. The scent on the air was a perfume, a heavy cloying perfume.
Raymond Chandler: The Big Sleep
Das erlebende, erzählte Ich weiß nicht, was ihn in dieser Wohnung erwartet. Und das erzählende Ich gibt dies auch nicht preis, um die krimitypische Spannung zu erhalten, darf er das auch gar nicht. Beide Aspekte dieses ‚Ich’ sind somit eng miteinander verknüpft, auch zeitlich. Dennoch gibt das erzählende Ich das Geschehen als vergangenes, wenngleich ergebnisoffenes Geschehen wieder, es erzählt also von einem (etwas) späteren Zeitpunkt aus - freilich ganz anders als der (pseudo-)autobiographische Ich-Erzähler, der weiß und dies auch zeigt, was als Nächstes passieren wird.Das erlebende, erzählte Ich weiß nicht, was ihn in dieser Wohnung erwartet. Und das erzählende Ich gibt dies auch nicht preis, um die krimitypische Spannung zu erhalten, darf er das auch gar nicht. Beide Aspekte dieses ‚Ich’ sind somit eng miteinander verknüpft, auch zeitlich. Dennoch gibt das erzählende Ich das Geschehen als vergangenes, wenngleich ergebnisoffenes Geschehen wieder, es erzählt also von einem (etwas) späteren Zeitpunkt aus - freilich ganz anders als der (pseudo-)autobiographische Ich-Erzähler, der weiß und dies auch zeigt, was als Nächstes passieren wird.

Frage 3 von 7

Fragestellung:
Dies ist die Eingangspassage aus der ‚Skizze’ Sankt Wolfgang von Peter Altenberg. Liegt hier
Textbeispiel:
Station Zahnradbahn, Schafbergbahn.
Weißer dicker Schotter bis an die Wiesen der Bauernhäuser. Kleine dünne Ahornbäume sind längs der Strecke hingepflanzt, mit Grasringen, auf welchen rote Mohnblumen wachsen. Die schiefe Lokomotive ist quasi zusammengeduckt, wie einer, der sich gräßlich anstrengt - - -.
La femme incomprise mit den rotbraunen Haaren und dem seidenen lila-grün changierenden Kleide saß da und fuhr den Fichten-Berg hinauf und auf die gelblichen Alm-Wiesen mit dem Duft nach Ziegen, Kühen und feuchtem Moos, zwischen schwarzgrünen Legföhren hindurch bis dorthin, wo das braunrote Gerölle anfängt - - -.
Peter Altenberg: Sankt Wolfgang
Die ersten beiden Absätze sind zwar im Präsens gehalten bzw. bleiben, was das Zeitverhältnis vom Erzählen zum Erzählten betrifft, unbestimmt, der letzte Absatz zeigt aber erkennbar (durch das Präteritum: „saß“ und „fuhr“) einen späteren Erzählzeitpunkt an. Der Zeitpunkt des Erzählens wechselt also, auch wenn erkennbar die gesamte Passage (wie die Skizzen Altenbergs insgesamt) eine fiktive Gegenwärtigkeit im Sinne des epischen Präteritums evoziert. Die ersten beiden Absätze sind zwar im Präsens gehalten bzw. bleiben, was das Zeitverhältnis vom Erzählen zum Erzählten betrifft, unbestimmt, der letzte Absatz zeigt aber erkennbar (durch das Präteritum: „saß“ und „fuhr“) einen späteren Erzählzeitpunkt an. Der Zeitpunkt des Erzählens wechselt also, auch wenn erkennbar die gesamte Passage (wie die Skizzen Altenbergs insgesamt) eine fiktive Gegenwärtigkeit im Sinne des epischen Präteritums evoziert.Die ersten beiden Absätze sind im Präsens gehalten bzw. bleiben, was das Zeitverhältnis vom Erzählen zum Erzählten betrifft, unbestimmt, der letzte Absatz zeigt dann erkennbar (durch das Präteritum: „saß“ und „fuhr“) einen späteren Erzählzeitpunkt an. Der Zeitpunkt des Erzählens wechselt also, auch wenn erkennbar die gesamte Passage (wie die Skizzen Altenbergs insgesamt) eine fiktive Gegenwärtigkeit im Sinne des epischen Präteritums evoziert.

Frage 4 von 7

Fragestellung:
Letzteres wird Jane Turner, die als Gesellschafterin der „Allardyce“ in Walter Satterthwaits Krimi(-Parodie) Eskapaden in einem vermeintlichen Spukschloss und am tatsächlichen Schauplatz eines Mordes gelandet ist, tatsächlich passieren - wie sie es ihrer besten Freundin „Evy“ in ihrem Brief ankündigt. Der Mordfall wird natürlich - nicht zuletzt dank Janes Mithilfe - am Ende gelöst.Die Frage, ob in dieser Textpassage
Textbeispiel:
Genug. Ich sollte jetzt wirklich versuchen, zu schlafen, Evy. Außerdem gibt es ohnehin kaum etwas Wichtiges mehr zu berichten. Darum werde ich jetzt auf Zehenspitzen an der schnarchenden Masse der Allardyce vorbeischleichen und den Brief im Flur einwerfen und dann auf Zehenspitzen wieder in mein gemütliches Nest zurückkehren. Und vielleicht werde ich zu nächtlicher Stunde von einem Gespenst heimgesucht.
Walter Satterthwait: Eskapaden
Natürlich erzählt der zweite Absatz der Textpassage von einem früheren Zeitpunkt aus, was gleich geschehen wird, dass nämlich der gerade zu Ende zu schreibende Brief aufgegeben wird. Der letzte Satz des Textes ist allerdings eher ein Scherz und charakterisiert somit erst einmal die derzeitige Befindlichkeit von Jane, ebenso wie der erste Absatz ihre augenblickliche Situation beleuchtet und die (vorausgegangene) Erzählung der bisherigen Ereignisse („kaum ... mehr“) abschließt. Hier vermischen sich also späteres, früheres und gleichzeitiges Erzählen bei gleichzeitiger Thematisierung des Erzähl- bzw. Schreibprozesses selbst, es liegt also eingeschobenes Erzählen vor. Der zweite Absatz erzählt zwar von einem früheren Zeitpunkt aus, was gleich geschehen wird, dass nämlich der gerade zu Ende zu schreibende Brief aufgegeben wird. Der letzte Satz des Textes ist aber natürlich eher ein Scherz und charakterisiert somit erst einmal die derzeitige Befindlichkeit von Jane, ebenso wie der erste Absatz ihre augenblickliche Situation beleuchtet und die (vorausgegangene) Erzählung der bisherigen Ereignisse („kaum ... mehr“) abschließt. Hier vermischen sich also späteres, früheres und gleichzeitiges Erzählen bei gleichzeitiger Thematisierung des Erzähl- bzw. Schreibprozesses selbst, es liegt also eingeschobenes Erzählen vor.

Frage 5 von 7

Fragestellung:
Haben wir es hier mit
Textbeispiel:
Don Quijote fragte sie, was sie über Marcela und Grisostomo vernommen hätten. Der fremde Reisende sagte, sie seien an diesem Morgen auf die Schäfer gestoßen, und weil sie diese in Trauer gekleidet gesehen, hätten sie nach der Ursache gefragt. Darüber habe ihnen einer der Schäfer Aufschluß gegeben und ihnen von der sonderbaren Wesensart und der Schönheit einer Schäferin namens Marcela [...] erzählt.
Miguel Cervantes: Don Quijote
Für einen Erzähler auf der dritten Ebene kommt hier einzig die Erzählung des Schäfers in Frage, die dieser den beiden Reisenden erzählt hat, die dies wiederum Don Quijote erzählen. Die Erzählung des Schäfers selbst wird aber nicht wiedergegeben, sodass hier kein tertiäres Erzählen, keine Binnen-Binnenerzählung vorliegt. Der Schäfer selbst kommt ja gar nicht zu Wort, seine „Stimme" ist nicht zu vernehmen.Für sekundäres Erzählen kommt hier dasjenige in Frage, was die beiden Reisenden von ihrer Begegnung mit den trauernden Schäfern Don Quijote erzählen. Doch auch diese Erzählung wird nicht so präsentiert, wie sie der eine der beiden Reisenden tatsächlich (in der erzählten Welt) erzählt, sondern sie bleibt - markiert durch die grammatische Form der indirekten Rede im Konjunktiv - der „Stimme" des primären Erzählers zugeordnet. Da die Stimme des Reisenden also hier nicht als eigenständiger Erzählstandort eingeführt wird, liegt kein Ebenenwechsel und somit kein sekundäres Erzählen vor. Anders wäre es, wenn es hieße:Der fremde Reisende sagte: „Wir sind heute morgen auf eine Gruppe von Schäfern gestoßen. Weil wir sahen, dass sie in Trauer gekleidet waren ...". Alles was erzählt wird, inklusive dessen, was der Schäfer den Reisenden erzählt und was die beiden Reisenden davon wiederum Don Quijote erzählen, bleibt markiert durch die grammatische Form der indirekten Rede im Konjunktiv - der "Stimme" des primären Erzählers zugeordnet. Da die Stimme des Reisenden oder des Schäfers nicht als eigenständiger Erzählstandort eingeführt wird, liegt kein Ebenenwechsel und somit kein sekundäres Erzählen vor.

Frage 6 von 7

Fragestellung:
Offensichtlich ist dies eine Erzählung, die erzählt wird. Liegt hier also
Textbeispiel:
Meister Nicolas bat ihn [den Pfarrer] ebenfalls, sie vorzulesen, und auch Sancho schloß sich ihm an. Als der Pfarrer dies sah und glaubte, er würde allen damit ein Vergnügen machen und sich selbst eines verschaffen, sagte er: „Da dem so ist, so hört mir alle zu. Die Novelle beginnt folgendermaßen“:
33. Kapitel. In dem die „Novelle vom unziemlich Neugierigen“ erzählt wird.
In Florenz, einer reichen und berühmten Stadt Italiens, [usw.]
Miguel Cervantes: Don Quijote
Die Erzählung stammt zwar von einem (auf der Ebene der Rahmenerzählung) unbekannten Autor, der Erzählakt ist aber eindeutig einer (in diesem Fall sehr konkreten) Stimme innerhalb der erzählten Welt zuzuordnen, der des Pfarrers nämlich. Somit liegt sekundäres Erzählen vor, auch wenn diese Binnenerzählung nicht mehr direkt in Anführungszeichen steht, sondern - durch die Kapitelüberschrift und die darin enthaltene Titelnennung der „Novelle“ - abgesetzt ist.Die Erzählung stammt zwar von einem (auf der Ebene der Rahmenerzählung) unbekannten Autor, der Erzählakt ist aber eindeutig einer (in diesem Fall sehr konkreten) Stimme innerhalb der erzählten Welt zuzuordnen, der des Pfarrers nämlich.

Frage 7 von 7

Fragestellung:
Das erste Kapitel von Edlef Köppens Roman Heeresbericht über den ersten Weltkrieg, in dem die Kriegserlebnisse des (fiktiven) Soldaten Adolf Reisiger geschxildert werden, beginnt - vor Einsetzen der eigentlichen Erzählung - mit einer Reihe von (kursiv gedruckten) authentischen Dokumenten, darunter dem kaiserlichen Mobilmachungsbefehl für die Armee des Deutschen Reiches: Liegt in einem solchen Fall
Textbeispiel:
Ich bestimme hiermit:
Das Deutsche Heer und die Kaiserliche Marine sind nach Maßgabe des Mobilmachungsplans für das deutsche Heer und die kaiserliche Marine kriegsbereit aufzustellen.
Der 2. August 1914 wird als erster Mobilmachungstag festgesetzt.
Berlin, den 1. August 1914
Wilhelm I.R.
von Bethmann Hollweg
Edlef Köppen: Heeresbericht
Der Mobilmachungsbefehl stammt zwar vom Kaiser. Er wird aber - auch durch die Einordnung in eine ganze Reihe von Dokumenten - als authentisches Dokument präsentiert. Die Präsentation dieses Dokuments kann wiederum weder dem Erzähler des eigentlichen Romangeschehens zugeordnet werden, noch wird sie einer der erzählten Figuren zugewiesen. Es liegt also ein Fall von Textmontage vor.Der Mobilmachungsbefehl stammt zwar vom Kaiser. Er wird aber - auch durch die Einordnung in eine ganze Reihe von Dokumenten - als authentisches Dokument präsentiert. Die Präsentation dieses Dokuments kann wiederum weder dem Erzähler des eigentlichen Romangeschehens zugeordnet werden, noch wird sie einer der erzählten Figuren zugewiesen. Es liegt also ein Fall von Textmontage vor.

Hinweis